Gedanken zur Ernährung von Süßwasserrochen

Von Andreas Ochs

Die Ernährung von Knorpelfischen in Gefangenschaft kann den Pfleger, ob Tierpfleger im Schauaquarium oder privater Aquarianer, mit verschiedenen Problemen konfrontieren. Bei der Eingewöhnung von Wildfängen muss man die Tiere erstmal dazu bringen überhaupt etwas zu fressen. Später stellt sich dann die Frage, welche Qualität und Quantität an Futter notwendig ist um unsere Rochen dauerhaft gesund zu erhalten.

Warum ist es so wichtig der Ernährung besondere Aufmerksamkeit zu schenken? Allgemein ist zu beobachten, dass Haustiere aus falsch verstandener Tierliebe zu viel Futter erhalten. Man geht davon aus, dass über 30% aller Haustiere an Übergewicht leiden. In vielen Aquarien sieht es nicht anders aus. Ein Mitarbeiter eines Schauaquariums erzählte mir, dass jeder Fisch der bei ihnen verendet, auf die Todesursache untersucht wird und als Befund kommt, abgesehen von anderen Erkrankungen die diagnostiziert werden, immer "zu fett". Trotz zurückhaltender Fütterung hat sich daran nicht viel geändert.

Wie kommt es dazu? Unsere Pfleglinge im Aquarium haben bei weitem nicht die Bewegung wie in der Natur, können überschüssige Kalorien nicht "abschwimmen". Auch die Zusammensetzung des Futters kann zu kalorienreich sein, verglichen mit der natürlichen Nahrung. Und die Futtermenge orientiert sich meist an den Vorstellungen des Pflegers und nicht am Bedarf der Tiere.

Im Folgenden werde ich versuchen einen Überblick über die Ergebnisse von Freilandstudien an Süßwasserrochen zu geben. Dann folgen einige Hinweise zur Ernährung von Knorpelfischen aus einem wissenschaftlichen Standardwerk über die Pflege von Haien und Rochen in Schauaquarien. Erfahrungen die bei der Pflege von Süßwasserrochen mit verschiedenen Futtersorten bereits gemacht wurden runden das ganze ab.

Was fressen Süßwasserrochen in der Natur?

Das Nahrungsspektrum von Süßwasserrochen war bereits Gegenstand mehrerer Studien. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich bei Rincon (2006). Im Magen der Rochen wurden die in Tabelle 1 aufgeführten Nahrungsbestandteile gefunden (Angaben in IRI% = Index of relative Importance; Anteile unter 1% werden nicht aufgeführt).

Die einzelnen Arten bevorzugen sehr unterschiedliche Beute. Teilweise kann man diese Spezialisierung bereits am Gebiss der Rochen ablesen, was bei einigen Arten das entscheidende Artmerkmal ist (z.B. die breiten Zähne bei Potamotrygon henlei).

Paratrygon aiereba ernährt sich hauptsächlich von Fischen und gilt als Lauerjäger, der am Grunde des Gewässers wartet bis Beute nahe genug vorbeischwimmt, um sie dann blitzartig unter der Körperscheibe zu begraben.

Plesiotrygon iwamae frißt vorwiegend Garnelen. Obwohl man vom Gebiss her zunächst auf einen Fischfresser geschlossen hatte, war zumindest bei den hier untersuchten Tieren Fisch von untergeordneter Bedeutung. Man vermutet, dass Detritus und Blätter versehentlich verschluckt wurden.

Bei den Potamotrygon scobina handelt es sich nicht um die kleinen Rochen aus dem Rio Xingú, die wir aus unseren Aquarien kennen und die mittlerweile von Forschern als Variante von Potamotrygon orbignyi angesehen werden. Die hier untersuchten P. scobina leben im Mündungsgebiet in der Baja de Marajó und erreichen bis zu 50 cm Durchmesser. Ihre Hauptnahrung sind Garnelen.

Interessant für die Pfleger kleinerer Rochenarten sind die Ergebnisse bei Potamotrygon orbignyi. Hier liegen zwei Studien vor, einmal aus Venezuela und die andere vom Rio Paranã (Oberlauf des Rio Tocantins). Hauptnahrung dieser Art sind Insektenlarven und Wasserasseln. Also kleine Beutetiere mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen. Auch die Alttiere ernähren sich so, das größte untersuchte Exemplar hatte einen Durchmesser von 46cm.

Potamotrygon henlei ist auf Mollusken spezialisiert, verschmäht aber auch andere Beute nicht, selbst Insektenlarven stehen auf dem Speiseplan. Bei Veranstaltungen in Städten am Rio Tocantins, dem Lebensraum von P. henlei, wurde besonders darauf hingewiesen wie wichtig Rochen zur Verminderung von Schadinsekten sind, da sie große Mengen an Insektenlarven vertilgen. Diese Veranstaltungen wurden von Forschern durchgeführt, die das Image der Rochen in der Bevölkerung verbessern möchten. Im Tucuruí Stausee haben P. henlei gelernt, Fische die sich in Kiemennetzen verfangen haben zu fressen. Damit haben sie sich anscheinend eine neue Nahrungsquelle erschlossen, da Fische sonst nicht auf ihrem Speiseplan stehen.

Die hier untersuchten Potamotrygon motoro hatten alle weniger als 27cm im Durchmesser. Diese Jungtiere ernähren sich von Insektenlarven. Es wird allerdings vermutet, dass größere Exemplare mehr Fisch fressen. In der hier zitierten Studie wurde nur bei einem von 15 untersuchten P. motoro ein Fisch im Magen gefunden, das war weniger als ein Prozent der insgesamt gefundenen Beutetiere und erscheint daher nicht in der Tabelle.

Die Potamotrygon falkneri hatten bis zu 45 cm Durchmesser. Hier machen Wasserschnecken und Insektenlarven einen bedeutenden Anteil an der Beute aus. Es wurde bei einem von 10 untersuchten Tieren ein Fisch gefunden, ein Wels (Loricariidae).

Jahreszeitliche Schwankungen in der Nahrungszusammensetzung

Eine weitere Studie (Tabelle 2) zu P. motoro und P. falkneri vom Oberlauf des Rio Paraná (Mato Grosso du Sul) zeigt wie sich die Zusammensetzung der Nahrung im Laufe des Jahres bedingt durch Hoch- und Niedrigwasser ändert (Lonardoni, 2006). Hier wurde als Mengenmaß das Volumen der Beutetiere gemessen (% Vol).

Während der Trockenzeit bevorzugen die P. motoro an diesem Fundort Insektenlarven und P. falkneri ist ein Fischfresser. Die von P. falkneri erbeuteten Fische wurden in dieser Studie soweit möglich identifiziert, es waren: Loricariidae 20%; Erythrinidae 5%; Characidae Tetragonopterinae 3%; Cichlidae Satanoperca papaterra 4%; Doradidae Pterodoras granulosus 8% (der Rest konnte nicht bestimmt werden). Bei Niedrigwasser konzentrieren sich die Beutefische in deutlich weniger Wasservolumen und sind daher leichter zu erbeuten. In der Regenzeit ist bei beiden Arten die Apfelschnecke Pomacea aff. canaliculata die Hauptnahrung.

An P. orbignyi wurde im Rio Paranã (Oberlauf des Rio Tocantins) ebenfalls untersucht ob sich die Zusammensetzung der Beute im Jahresverlauf ändert. Hier war kein Unterschied festzustellen, es handelte sich immer um Insektenlarven.

Einfluß der Temperatur auf den Energiebedarf

Der Energiebedarf bei Fischen ist temperaturabhängig. Grundsätzlich verlaufen biochemische Reaktionen bei höheren Temperaturen schneller als bei niedrigen Temperaturen. Als Durchschnittswert gilt, dass eine Erhöhung der Temperatur um 10°C die Reaktionsgeschwindigkeit verdoppelt (RGT-Regel). In Lebewesen ist das natürlich nicht ganz so einfach, da biochemische Reaktionen durch Enzyme beschleunigt werden. Diese Enzyme haben eine Optimaltemperatur bei der sie besonders effizient arbeiten. Untersucht wurde der Einfluß der Temperatur auf den Energiebedarf bislang nur für Speisefische.

Je nach Temperatur des Aquariumwassers benötigen auch unsere Rochen unterschiedliche Futtermengen. Arten aus kühleren Flüssen Argentiniens, bei entsprechend niedrigen Wassertemperaturen gepflegt, haben einen geringeren Energiebedarf und setzen bei zu viel Futter schneller Fett an. Rochen die bei hohen Temperaturen gepflegt werden haben entsprechend einen höheren Energiebedarf und benötigen mehr Futter.

Die im folgenden betrachtete und für P. orbignyi im Freiland ermittelte Nahrungsaufnahme erfolgte bei 28°C. Die von mir errechneten ca. Futtermengen sind auf 27°C bezogen. Bei höheren Temperaturen ergeben sich nach der RGT-Regel pro 1°C 10% höhere Werte und bei niedrigeren Temperaturen pro 1°C 5% niedrigere Werte.

Menge der aufgenommenen Nahrung

Man hat festgestellt, dass Süßwasserrochen sowohl tagsüber als auch nachts auf Nahrungssuche sind und der Magen meist nur zur Hälfte oder weniger gefüllt ist. Bei P. orbignyi wurden durchschnittlich nur 10 Beutetiere (Insektenlarven) im Magen gefunden. Das deutet darauf hin, dass die Rochen weite Strecken zurücklegen müssen aber nur relativ wenig Nahrung finden.

Die Menge der täglich aufgenommenen Nahrung ist bei Süßwasserrochen bislang nur an P. orbignyi untersucht worden. Es gibt für Rochen allgemein nur wenige Informationen zu dieser Thematik. Angegeben wird die Nahrungsaufnahme in % des Körpergewichts pro Tag (%KG/d). Tabelle 3 ist eine Zusammenstellung der Angaben die ich finden konnte.

Woher weiß man aber wieviel die eigenen Rochen wiegen, um daraus eine Futtermenge abzuleiten? Das Wiegen der Tiere ist gerade bei großen Rochen nicht einfach. Doch den Durchmesser der gepflegten Rochen kann man relativ genau durch die Aquariumscheibe bestimmen. Daher habe ich aus einer Studie die in Venezuela durchgeführt wurde (Lasso, 1996) Daten von Wildfängen mit Durchmesser und dem zugehörigen Gewicht in Tabelle 4 zusammengestellt (diese Angaben stammen von durchaus gut genährten Rochen, es gibt auch Daten von Wildfängen, die nur halb so schwer waren).

Die in Tabelle 4 errechnete Futtermenge/Tag ist als Beispiel gedacht, wie man aus Kenntnis des Rochengewichts und der Nahrungsaufnahme in %KG/d die ca. Futtermenge ermitteln kann. Da die Pflegebedingungen unterschiedlich sind und eine genaue Nährstoffanalyse des Futters oft nicht vorliegt, muß jeder Pfleger durch genaue Beobachtung seiner Rochen herausfinden welche Futtermenge für seine Tiere ideal ist.

Wieviel ist zuviel?

Bei Rochen die nicht schwanger sind kann man die Korpulenz zur Kontrolle der Futtermenge heranziehen. Wenn die Beckenknorpel sichtbar sind ist die Futtermenge zu gering oder es liegt ein Befall mit Darmparasiten vor. Eventuell leidet ein solcher Rochen auch unter sozialem Stress und wird von anderen Rochen vom Futter vertrieben. Sind die Rochen bereits vor der Fütterung am Rücken (vor dem Schwanzansatz) höher als im Bereich der Kiemen und zeigen an der Bauchseite ein "Bäuchlein", ist die Futtermenge zu hoch und die Leber vergrößert, einige Tage fasten und insgesamt weniger Futter wäre dann das beste für die Tiere.

Die Leber dient bei Haien und Rochen als Speicherorgan für Nährstoffe und vergrößert sich oder schrumpft je nach Nahrungsangebot. Der Leberindex (das Gewicht der Leber im Verhältnis zum Körpergewicht) schwankt in der Natur bei P. orbignyi im Jahresverlauf zwischen 1,7% und 3,5%. Unter Aquariumbedingungen entfällt diese Schwankung und durch das gleichmäßig hohe Futterangebot haben unsere Rochen in der Regel ständig eine vergrößerte Leber. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum im Aquarium die Rochenweibchen ständig schwanger werden können und mehr Nachkommen pro Jahr produzieren als in der Natur, wo ein Wurf pro Jahr die Regel ist, selten sind es zwei Würfe pro Jahr.

Ab wann eine Rochenleber krankhaft vergrößert ist kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es gab allerdings bereits Todesfälle bei denen zumindest vermutet wird, dass die Rochen überfüttert waren (in einem Fall war der Leberindex 7%).

Stark gefütterte Knorpelfische haben Probleme das im Körper entstehende CO2 schnell genug abzugeben. Vor allem unter Stress (das kann z.B. die Paarung oder der Fang und Transport sein) kann es dann zu einer Übersäuerung der Tiere (der pH-Wert des Blutes fällt ab) mit Todesfolge kommen. Aber auch unter normalen Bedingungen sind überfütterte Rochen relativ träge. Manche Pfleger haben intuitiv erkannt, dass bei starker Belüftung des Aquariums die Rochen wieder aktiver werden. Das liegt zum einen an dem erhöhten Sauerstoffgehalt, der nötig ist um das Übermaß an Futter zu verstoffwechseln und daran, dass das abgeatmete CO2 schneller aus dem Wasser ausgetrieben wird (CO2 ist ein Narkotikum für Knorpelfische). Die bessere Lösung wäre den Rochen weniger Futter zu geben.

Manche Pfleger nutzen den Effekt der mit Futter ruhiggestellten Rochen auch, um ihre satten und trägen Rochen mit Fischen zu vergesellschaften, die nach ein oder zwei Fastentagen sofort im Magen der Rochen landen würden.

Richtlinien zur Pflege von Knorpelfischen in Schauaquarien

Sehr interessant sind die entsprechenden Kapitel im Elasmobranch husbandry manual (Smith, 2004), dem englischsprachigen Standardwerk zur Hai und Rochenpflege in Schauaquarien. Die Tierpfleger in Schauaquarien stehen vor den gleichen Problemen wie wir. Sie pflegen Haie und Rochen über deren natürliche Nahrungsaufnahme manchmal nur wenig bekannt ist und sind froh wenn ihre Pfleglinge überhaupt anfangen zu fressen. Auch das Problem, dass in einer größeren Gruppe einige Tiere schneller und aggressiver fressen während andere kaum etwas abbekommen ist in Schauaquarien alltäglich.

Man hat zunächst versucht einfach so viel zu füttern bis alle vollgefressen waren, also auch der schwächste und langsamste im Becken seinen Teil abbekommen hatte, in der Hoffnung, dass so auf jeden Fall eine ausreichende Versorgung sichergestellt ist (eine Fütterungsmethode, die auch von vielen Aquarianern praktiziert wird). Das geht tatsächlich eine Weile gut. Doch beim Vergleich mit Wildpopulationen wurde festgestellt, dass die Knorpelfische in Gefangenschaft deutlich schneller gewachsen sind (mit bis zu 10 facher Geschwindigkeit) und es zu Deformationen sowie Erkrankungen kam. Der nächste Schritt war dann, die Futterrationen so zu bemessen, dass das Wachstum in Gefangenschaft dem in freier Wildbahn entspricht (soweit bekannt). Außerdem sollen die Tiere in Gefangenschaft ein ähnliches Gewicht aufweisen wie gleich große wildlebende Artgenossen und auch das Verhalten sollte ähnlich sein. Dazu war es nötig die Futterrationen zu verringern und den Tieren einzeln zu verabreichen. In großen Schauaquarien wird daher wenn irgend möglich jedes Tier einzeln gefüttert und genau protokolliert was und wie viel gefressen wurde. Außerdem erfolgt die Fütterung für jede Hai- und Rochenart an einer anderen Stelle im Becken um Futterneid zu vermeiden.

Noch ein Satz aus diesem Werk, der einen nachdenklich stimmen sollte, auch wenn es nicht um Rochen sondern um Haie geht; für Rochen trifft es genauso zu: "Normally-proportioned sharks should be a husbandry goal for all aquarists; slim specimens are healthier and better ambassadors for their species than obese animals."

Normal proportionierte Haie (oder auch Rochen) sollten das Pflegeziel jedes Aquarianers sein; schlanke Exemplare sind gesünder und bessere Botschafter für ihre Art als fette Tiere.

Wachstumsgeschwindigkeit

Da Süßwasserrochen sehr große lebende Jungtiere bekommen, verläuft die Phase des schnellsten Wachstums bereits im Mutterleib. Das Verdauungssystem von neugeborenen Rochen muss sich erst umstellen um nun statt der Uterinmilch feste Nahrung zu verdauen, was ca. ein Woche dauert. Die Jungrochen haben einen ausreichend großen Nährstoffvorrat um während dieser Zeit auch ohne Nahrungsaufnahme zu wachsen. Sehr lange andauernde Nahrungsverweigerung von neugeborenen Rochen führt zu einem Wachstumsrückstand den sie nicht mehr aufholen. Rochen wachsen als Jungtiere schneller und mit zunehmendem Alter immer langsamer, aber sie wachsen ihr ganzes Leben lang.

Leider gibt es bisher nur wenige Angaben zur Wachstumsgeschwindigkeit von Süßwasserrochen in der Natur. Bei Potamotrygon cf. histrix wird die Geschlechtsreife im zweiten Lebensjahr mit einem Durchmesser von 16-17cm erreicht, die durchschnittliche Wurfgröße beträgt 2 Jungtier und sie erreichen eine Maximalgröße von 30cm. Im Aquarium werden diese Werte meist übertroffen, was auf die überreichliche Nahrungsversorgung zurückzuführen ist.

Die bislang am besten untersuchte Art ist P. orbignyi (Rincon 2006) Anhand von Wachstumszonen in den Wirbeln wurde das Alter bestimmt. Sie erreichen die Geschlechtsreife im fünften Lebensjahr mit 25-26cm Durchmesser, pro Jahr wird 1 Jungtier geboren, das größte untersuchte Exemplar war 10 Jahre alt und hatte 46cm Durchmesser.

Die Wachstumsgeschwindigkeit in Gefangenschaft ist von Futtermenge, Wassertemperatur, Sauerstoffgehalt und Wasserqualität abhängig, wird also vom Pfleger vorgegeben und spiegelt dessen Zielsetzung wieder. Selbst recht große Wildfangrochen, die in der Natur nur noch sehr langsam gewachsen wären, können bei zu starker Fütterung im Aquarium einen regelrechten Wachstumssprung machen.

Beobachtungen im Aquarium

Wildfänge haben direkt nach dem Import noch ihre natürlichen Futtervorlieben, daher überrascht es nicht, dass sie am liebsten Lebendfutter in Form von Insektenlarven, Garnelen oder Fischen (je nach Rochenart) als Erstfutter akzeptieren. Auch lebende Würmer wie Tubifex oder Tauwürmer sind sehr beliebt. Lebende Futtertiere werden von den Rochen nicht nur anhand des Geruchs sondern auch mit den Augen (Bewegung der Beute) und den Lorenzinischen Ampullen (Elektrorezeptoren, Muskelkontraktion der Beute wird geortet) wahrgenommen. Dadurch wird der Jagdinstinkt der Rochen deutlich stärker stimuliert als durch tote Nahrung, die nur über den Geruchsinn und Tastsinn wahrgenommen wird.

Wildfänge sind meist relativ mager. Häufig liegt auch ein Befall mit Darmwürmern vor und sie beginnen erst mit der Nahrungsaufnahme, nachdem eine Behandlung mit Praziquantel (ein Antihelmentikum; dieser Wirkstoff ist z.B. in Tremazol enthalten) durchgeführt wurde. Auch eine Temperaturerhöhung auf 30°-34°C (bei sehr guter Belüftung des Aquariums) kann helfen die Rochen ans Futter zu bekommen. Ist man als Pfleger zunächst froh, dass die Tiere überhaupt mit der Nahrungsaufnahme beginnen, hat man mit der Zeit den Eindruck sie fressen einem die Haare vom Kopf, solche Mengen an Futter stopfen sie in sich hinein. Das ist das typische Verhalten von Fischen, die während der nahrungsreichen Zeit Vorräte für die nächste nahrungsarme Periode speichern müssen. Da diese nahrungsarme Periode im Aquarium nie eintreten wird liegt es am Pfleger die Futtermenge auf ein gesundes Maß zu begrenzen. Den Appetit der Rochen als Maßstab zu nehmen führt bei täglicher Fütterung mit nährstoffreichem Futter garantiert zu fetten Tieren.

Sobald die Rochen stabil fressen und ein normales Gewicht haben, kann man versuchen sie an Futter zu gewöhnen das einfacher zu beschaffen ist als Lebendfutter. In der Regel sind dies verschiedene Arten Frostfutter oder mit Gelatine bzw. Alginat gebundene Futtermischungen. Die meisten Rochenarten kann man auch an Pellets und Futtertabletten gewöhnen. Die Gewöhnung an eine neue Futtersorte kann einige Wochen oder sogar Monate dauern. Eine Möglichkeit besteht darin, das neue Futter in geringer Menge unter das bereits akzeptierte Futter zu mischen damit es dessen Geruch und Geschmack annimmt. Auch einige Tage fasten können die Umstellung beschleunigen (bei Jungtieren nicht zu empfehlen). Je mehr Futterarten die Rochen annehmen um so abwechslungsreicher kann man ihre Ernährung gestalten.

Um allen Rochen im Becken die Möglichkeit zu geben genug Futter zu bekommen füttern manche Pfleger ihre großen Rochen nur jeden zweiten oder dritten Tag , aber dann jeweils so viel, bis alle Tiere vollgefressen sind. Eine Alternative wäre täglich mit der Futterzange jedem Tier seine Ration zuzuteilen, wenn die Tiere sehr ungleichmäßig fressen. Oder man bietet seinen Rochen möglichst kleine Futtertiere an. Dann sind sie länger mit der Futtersuche beschäftigt und die Wahrscheinlichkeit, dass jedes Tier seinen Teil abbekommt, ist größer.

Besonders schnell werden männliche Rochen fett, da sie nicht die Möglichkeit haben, das im Übermaß verabreichte Futter in Form von Nachwuchs loszuwerden. Auch wenn Jungrochen zusammen mit Alttieren gepflegt werden, fressen die Jungtiere oft viel zuviel und können fett werden.

Unterschiede der Futterarten

Die nachfolgenden ca. Futtermengen sind für ältere Rochen. Jungtiere im Wachstum, vor allem im ersten Lebensjahr, können 2 mal täglich die angegebene Futtermenge erhalten.

Bei der Fütterung mit Insektenlarven ist es kaum möglich fette Rochen zu produzieren. Diese Fütterung ist offensichtlich nicht einseitig, denn sowohl die Aufzucht als auch die Zucht ist bei den kleineren Rochenarten mit reiner Insektenlarven Kost möglich. Die Rochen müssen sich wie in der Natur viel bewegen um ausreichende Mengen an Larven aufzusammeln.
Brennwert je nach Sorte und Fettgehalt 130-250 kJ/100g.
Futtermenge ca. 2 %KG/d.

Auch wenn einige Süßwasserrochen natürlicherweise wenig Fisch, Garnelen, Muscheln und Regenwürmer fressen kann man sie in Gefangenschaft daran gewöhnen, besonders Regenwürmer sind sogar ein beliebtes Erstfutter für Wildfänge. Wichtig ist Abwechslung und möglichst ganze Futtertiere zu verwenden. Da diese Futtersorten ungefähr den doppelten Brennwert von Insektenlarven haben braucht man nur halb so viel füttern, die Rochen sollten sich nicht damit vollfressen.
Brennwert je nach Sorte und Fettgehalt 300-500 kJ/100g.
Futtermenge ca. 1 %KG/d.

Bei Futtermischungen die mit Gelatine oder Alginat gebunden sind, kommt es auf die Zusammensetzung an. Sind Fische oder Garnelen die Basis, dann ist das Futter ähnlich in der Wirkung wie gerade besprochen. Wird Warmblütereiweiß verwendet (z.B. Rinderherz) muss noch mehr auf eine geringe Futtermenge geachtet werden, da die Gefahr der Verfettung noch größer ist. Dass die langjährige Rochenzucht mit solch einer Futtermischung (die auch viele pflanzliche Bestandteile enthalten sollte) möglich ist, zeigen die Erfahrungen im Exotarium in Frankfurt, dort werden P. motoro bereits seit 20 Jahren so ernährt. Allerdings ist die tägliche Futtermenge recht gering. Das Wachstum von Jungrochen die dreimal täglich mit so einer Mischung vollgestopft werden kann man nur als explosiv bezeichnen. Verfettung und vorzeitiger Tod sind das Risiko, das man dabei eingeht. In einem Fall ist ein derart gemästetes Rochenpaar während der Paarung eingegangen.

Trockenfutter wie Futtertabletten, Sticks und Pellets gibt es in sehr unterschiedlicher Zusammensetzung, teilweise speziell für tropische Raubfische hergestellt, oder aber für Koi oder Speisefische entwickelt. Der Eiweißgehalt reicht von 30% bis über 55% und auch der Fettgehalt ist sehr unterschiedlich. Das Futter sollte schnell absinken und formstabil sein, damit die Rochen es nicht zermahlen und das Wasser zu stark belasten. Kleine Pellets von ca. 3mm Durchmesser haben den Vorteil, dass die Rochen länger mit der Futtersuche beschäftigt sind. Bezüglich des Eiweiß/Fett Verhältnisses gibt es unterschiedliche Philosophien. Früher wurde Futter für Aquarienfische mit niedrigem Fettgehalt produziert (Verhältnis Eiweiß/Fett von 9/1), mittlerweile weiß man, dass Fische ihren Energiebedarf vermehrt aus Eiweiß decken wenn nicht genug leicht verwertbare Fette vorhanden sind (und durch die dabei anfallenden Stoffwechselprodukte steigt letztendlich der Nitratgehalt im Aquariumwasser, außerdem führt ein Übermaß an Eiweiß im Futter zu Fettdepots). Moderne Futterpellets haben ein Eiweiß/Fett Verhältnis von 3/1, was zu sehr guter Verwertung des Futters führt. Entsprechend sind nur geringe Futtermengen nötig und die Wasserbelastung ist minimal. Pelletfutter für Speisefische (Forelle, Lachs, Stör) ist in der Regel Mastfutter zur schnellen Jungfischaufzucht, es gibt aber spezielle Sorten, die eiweißreduziert sind und für die Fütterung von Zuchtfischen oder für Störe in Zierteichen angeboten werden. Ich habe gute Erfahrungen mit Spirulina Tabs von Sera, Söll Cichlid Pellets, Tetra Sterlet Sticks und einem nährstoffreduzierten Futter für Zuchtlachse gemacht.
Brennwert je nach Sorte 900-1500 kJ/100g.
Sehr sparsam füttern, Futtermenge ca. 0,3 %KG/d.

Der Brennwert der ca. Futtermengen bewegt sich in einem Bereich, der laut Bremer (1997) bei Knochenfischen als Grundumsatz gilt (0,05kJ/Gramm Körpergewicht*Tag). Anscheinend haben Rochen einen geringeren Grundumsatz, denn sonst wären Wachstum und Gewichtszunahme mit diesen geringen Futtermengen nicht möglich. Leider wurde der Grundumsatz von Rochen noch nicht ermittelt.

Literatur

Bradley, J.L., 1996. Prey energy content and selection, habitat use and daily ration of the Atlantic stingray, Dasyatis sabina. Florida Institute of Technology thesis, 49 pp.

Braganca, A. J. M.; Charvet-Almeida, P.; Barthem, R. B., 2004. Preliminary Observations on the Feeding of the Freshwater Stingrays Potamotrygon orbignyi, Potamotrygon scobina and Plesiotrygon iwamae (Chondrichthyes: Potamotrygonidae) in the Cotijuba Island Region - Pará - Brazil. Biology and Conservation of Freshwater Elasmobranchs, SYMPOSIUM PROCEEDINGS, August 2004, Manaus, ISBN 1-894337-46-8

Bremer, H., 1997. Aquarienfische gesund ernähren. Ulmer (Verlag). ISBN 978-3-8001-7366-2

Lasso, C. A. & Rial, A. B. & Lasso-Alcala, O. 1996. Notes on the biology of the freshwater stingrays Paratrygon aiereba (Müller & Henle, 1841) and Potamotrygon orbignyi (Castelnau, 1855) (Chondrichthyes: Potamotrygonidae) in the Venezuelan Ilanos. aqua 2(3), 39-52, Fulcro s.a.s.

Lonardoni, A.P. et al., 2006. Hábitos alimentares e sobreposição trófica das raias Potamotrygon falkneri e Potamotrygon motoro (Chondrichthyes, Potamotrygonidae) na planície alagável do alto rio Paraná, Brasil. Acta Sci. Biol. Sci. Maringá, v. 28, n. 3, p. 195-202, July/Sept., 2006

Michael, Scott W., 2001. Aquarium sharks & rays: an essential guide to their selection, keeping, and natural history. T.F.H. Publications. ISBN 1-890087-57-2. S.180, 183

Rincon, G., 2006. Aspectos taxonômicos, alimentação e reprodução da raia de água doce Potamotrygon orbignyi Castelnau (Elasmobranchii: Potamotrygonidae) no rio Paranã-Tocantins.

Smith et al., 2004. The elasmobranch husbandry manual : captive care of sharks, rays, and their relatives. Columbus, Ohio: Ohio Biological Survey. S. 190, 191

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